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Das Jahrhundert der Verliebtheit

Weg der Wahrnehmung (Geschichte der Malerei unter freiem Himmel)

Das wohlklingende französische Wort plein air (freie Luft) wird meist dann benutzt, wenn die Malerei im Freien gemeint ist, die den Farbenreichtum der Natur, das Sonnenlicht und die frische Luft widerspiegelt.

 

Das künstlerische Pleinair ist eine gute Tradition der Künstler, allein oder in Gesellschaft Gleichgesinnter in die Natur zu gehen und weit weg von den Alltagssorgen und -aufgaben zu arbeiten. Das wohlklingende französische Wort plein air (freie Luft) wird meist dann benutzt, wenn die Malerei im Freien gemeint ist, die den Farbenreichtum der Natur, das Sonnenlicht und die frische Luft widerspiegelt. Die Künstler nutzten die Möglichkeiten des Pleinairs schon vor langer Zeit, und das ständig. Sie fertigten Etüden und Skizzen an.

Als erste nachweisliche Gruppierung der Freilichtmaler sind wahrscheinlich die „Barbizoner“ anzuerkennen. Den Namen „Schule von Barbizon“ erhielt die Gruppe der Künstler, die zwischen 1830 und 1860 in dem kleinen Dorf Barbizon – im Vorort von Fontainebleau, der königlichen Sommerresidenz bei Paris – arbeiteten (Th. Rousseau, J. Dupre, Ch. Daubigny, C. Corot …). Die Barbizoner in Frankreich und die Präraffaeliten in England begannen noch vor den Impressionisten, die Besonderheiten der Farbe und des Lichtspiels im Freien zu studieren. Viele Werke haben sie direkt im Freien geschaffen, was in dieser Zeit fast einer Revolution gleichkam. Laut akademischen Forderungen entstand ein echtes Gemälde nur in der Werkstatt.

Das Schöpfertum der Freilichtmalerei, die als besonders ausdrucksstark und unverfälscht gilt, erhält im XIX. Jahrhundert durch das Auftreten der Impressionisten (E. Manet, A. Renoir, E. Degas, C. Monet, C. Pissaro, A. Sisley …) und ihre für die damalige Zeit skandalöse Suche nach dem Neuen in der Malerei einen eigenen Stellenwert. Die genannten Künstler gingen mutig auf die Natur zu und begannen, das Unsichtbare sichtbar zu machen und das Nichtdarstellbare darzustellen – die Bewegung des Lichts, das Zittern der Luft an einem heißen oder nebligen Tag. Sie strebten danach, so natürlich wie möglich die sie umgebende Welt in ihrer Dynamik und Veränderlichkeit, in der Unmittelbarkeit der Eindrücke und gleichfalls das Sujet einfach und ohne Pathos darzustellen. Am Abend wurde die Zeit für leidenschaftliche Diskussionen genutzt, die in den Pariser Cafés (unter anderem im bekannten Café Guerbois) geführt wurden.

Seit dieser Zeit verlassen die Künstler ihre Werkstätten und kehren mit ihrer „Beute“, den Freilichtstudien, Zeichnungen oder gar den fertigen Bildern, zurück. Heutzutage sind die Künstler nicht mehr ohne Weiteres bereit, die Maltechniken, die jahrhundertelang in geschlossenen und ständig beleuchteten Räumen, dem Atelier des Künstlers, vervollkommnet wurden, anzuwenden. Das wurde noch von der technischen Entwicklung flankiert. Anfang der 1840er Jahre kamen die Zinntuben für Farben auf. Damit entfiel die Notwendigkeit, vor dem Pleinair die Farben zu mischen und diese in einem Glasbehälter, der zudem noch zerbrechlich war, oder in einer Schweineblase unterzubringen.

Im Transkarpatengebietsmuseum „I. Bokshay“

Letztere war zwar leicht, aber ein ständiges Tropfen der Farbe war nahezu unvermeidlich. Die traditionelle, klassische, verständliche und akademisch vorgegebene Darstellung der Natur und des Lebens selbst war auf einmal nicht mehr interessant, sie erschien leblos und ohne Zukunft. Das Pleinair mit seiner Berücksichtigung der Luft- und Lichtbewegungen wurde zu etwas Neuem, das es wert war, erkundet und entwickelt zu werden. Durch das Pleinair sahen die Künstler die sie umgebende Welt mit anderen Augen, sie begannen, den Fluss der Zeit wertzuschätzen, sahen das veränderliche Spiel des Lichts, der Schattierungen und in Entsprechung das der Farben. Sie lernten, diesen Fluss der Zeit und diese Veränderlichkeit darzustellen. Das Pleinair eröffnete die Möglichkeit, in der Künstlersprache das Sonnenlicht, sein Spiel und Funkeln auf die Leinwände zu bringen. Im Bild konnte man nun nicht mehr nur die Illusion der Figurenbewegung sehen, sondern auch die Bewegung der Luft, der Farben …

Im XXI. Jahrhundert ist die Freilichtmalerei in ihrer herkömmlichen Form – die Wanderung des Künstlers „zu den Studien“ – keine aktuelle Erscheinung mehr, wenngleich sie etwas ziemlich Romantisches aufweist. Denn die Notwendigkeit der detailgetreuen Zeichnung der Menschen, der Gegenstände, der Landschaft und anderes übernahm anstelle der Malerei die Fotografie. Die Natur zu kopieren ist deren vordringliches Markenzeichen, obwohl auch hier die schöpferisch orientierten Fotografen sich sofort auf den Weg machten, Neues zu erschließen und nicht nur das Sichtbare zu fixieren. Im Kunstprozess und im künstlerischen Leben bekommt die Freilichtmalerei eine neue Bedeutung und einen neuen Sinn, sie nimmt eine neue Bewegung an, füllt sich mit anderem Inhalt und besetzt einen wichtigen Platz.

Ein sehr wichtiger Bestandteil der Tätigkeit der Künstlergruppen ist es, den Meinungsaustausch zwischen den Künstlern zu organisieren. Dieser ist von Wohlwollen getragen und beflügelt das Schaffen. In einer ungezwungenen Atmosphäre von Gleichgesinnten oder von Meistern des Faches entstehen oft neue Ideen, die dann wiederum in den verschiedenen Kunstrichtungen umgesetzt werden. Dies wird möglich, da die schöpferische Person für einen bestimmten Zeitraum von den üblichen, meist routinisierten Tätigkeiten befreit ist, wenn auch nur für den Moment des Pleinairs. Durch die Arbeiten der Kollegen und deren Entdeckungen wird der Künstler inspiriert, er regeneriert und realisiert oft interessante Ideen und sieht auf neue Art auf die gewöhnlichen Dinge. Deshalb ist heutzutage das Resultat der schöpferischen Arbeit nicht unbedingt „das Porträt des Wesens der Natur“. Ein natürliches Resultat solcher Bestrebungen und eines solchen Meinungsaustauschs ist für jeden Künstler die Selbsterkenntnis.

Das Malen bleibt der Kammerton alles Schöpferischen in der darstellenden Kunst. Es soll an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass die Bildhauer und Fotografen, die Schriftsteller wie auch die Wissenschaftler gern an den Pleinairs teilnehmen. Oft werden diese Plenairs jedoch etwas anders genannt – Symposium, Konferenz usw. Davon ausgehend kann gesagt werden, dass die schöpferische Arbeit in der freien Natur selbstverständlich nicht nur auf die Malerei bezogen ist, obwohl diese am Anfang eine reine Errungenschaft der Pleinair-Künstler war.   

 
Kulturprojekt
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