Y. Y. Bokshay, Volkskünstler der UdSSR, korrespondierendes Mitglied der Akademie der Kunstwissenschaften der UdSSR |
Die sonnige und lebensfreudige Kunst aus Transkarpatien … Es ist heutzutage schwer, sich vorzustellen, wie mühsam und dornenvoll der Weg dieser Kunst war. Sie entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte und nahm alles Wertvolle und Schöne in Anspruch, was das Heimatland und das Volk hervorgebracht hatte. Eine Reihe von Voraussetzungen, dank derer die nationale und künstlerische Volkskultur gedieh, trugen zur der Entstehung der darstellenden Kunst in Transkarpatien bei. Das sind vor allem solche Faktoren wie die malerische Natur Transkarpatiens und die nicht weniger schöne Volkskunst in allen ihren Genres, angefangen mit den künstlerisch gestalteten Ostereiern sowie der Weberei bis hin zur Holzschnitzerei, die nicht nur mit den dekorativen alltäglichen Schmucksachen, sondern auch mit dem Wunder unseres Landes – der altertümlichen Holzarchitektur – berühmt wurde. Um dieses Wunder zu genießen, kommen nicht nur professionelle Kenner des Schönen nach Transkarpatien, sondern auch zahlreiche Touristen, die von der Schönheit der Werke unbekannter Volkskünstler gehört haben. Noch eine Quelle, ohne die die Entwicklung der Kunst unmöglich ist, ist das schaffende Volk mit seiner reinen, offenen Seele. Ein solches Volk verdient es, echte, großartige Kunst zu besitzen, die seine besten Eigenschaften zu entfalten vermag.
Alles, was wir um uns sahen, alles, was wir lernten, ließ uns nicht nur für den eigenen Erfolg arbeiten, sondern auch für den morgigen Tag der Kunst; alles dies ließ uns nach einer eigenen Malereischule streben, die nicht nur die Traditionen bewahren würde, sondern dazu aufrief, das schon Erreichte zu bewahren und fortzusetzen.
In der Kunst mehrerer Länder kam es am Ende des XIX. und am Anfang des XX. Jahrhunderts zur Bildung und Verstärkung von nationalen künstlerischen Schulen, die sich der öffentlichen Salonkunst entgegenstellten. Vor unseren Augen gab es das Beispiel der Nogybanyo-Schule, die Künstler-Realisten in sich vereinigte, die an der Entwicklung der echten nationalen Kunst mit nationalen Traditionen ihrer Heimat interessiert waren. Ein wichtiges Vorbild für unsere Künstler wurden die Gemälde von den beiden ungarischen Künstlern Mihaly Munkacsy und Imre Revesz. Eine konkrete Grundlage für die neue Schule bildete das Schaffen der Künstler Illya Brodlakovych, Ivan Juhassevich und Hnat Roshkovych.
Im Innenhof von A. Erdeli, Von links nach rechts: J. Bokshay, F. Manaylo, A. Kocka, V. Svyda, A. Erdeli. Im Vordergrund: E. Kontratovych, S. Petki. Uzhgorod,1946 |
Das Gespräch der Maler. J. Bokshay, Z. Sholtes,und G. Hlyuk, 1959 |
Im Uzhgoroder Schloss.
E. Hrabovskiy, F. Manailo, L. Sjoke, Z. Sholtes, |
Im Gebirge im Winter.
B. Marton, die Frau von Z. Sholtes – Scharolte,
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Nach dem Ersten Weltkrieg gelang es einigen unserer Künstler und mir, die Leinwände von russischen Künstlern wie W. Surikov, I Repin, W. Wasnetsov, W. Serov, A. Archipov, J. Levitan, die den nationalen Charakter unterstrichen, kennenzulernen.
Das alles zusammengenommen hatte uns sehr geholfen und unseren Glauben an die eigenen künstlerischen Kräfte gefestigt. Der Anfang war schwierig. Nicht alle haben die echte Bedeutung unseres Vorhabens sofort verstanden. Aber die guten Absichten haben sich letztlich durchgesetzt. Ich halte mich für einen glücklichen Menschen. Mein Mitkämpfer beim Aufbau der transkarpatischen Malereischule war der große Künstler und hervorragende Mensch Adalbert Erdeli, der nicht nur in der transkarpatischen, sondern auch in der gesamten ukrainischen Malerei eine tiefe Spur hinterlassen hat. Später schloss sich uns Omelyan Hrabovskiy an, ein konsequenter und überzeugter Realist, der sein schöpferisches Leben der Landschaftsmalerei gewidmet hatte. Den Kern unserer Gruppe bildeten damals die jungen, aber schon erfahrenen Künstler, voll von Lebenskraft, die mit der Zeit zu führenden Meistern unseres Kollektivs heranwuchsen: A. Kocka, Z. Sholtes, A. Boretskiy, S. Petki, E. Kontratovych und später der eigentümliche F. Manaylo.
Am Anfang war es für uns aufgrund der Lebensbedingungen im damaligen Transkarpatien sehr schwer. In der Regel lebten wir nur vom Lehrerlohn in den mittellosen Schulen. Wir hatten nur abends beim Licht der Petroleumlampe die Möglichkeit zu schaffen. Zugleich waren wir dem Leben des Volkes sehr nahe und konnten nicht nur den Alltag und die Bräuche, sondern auch die mühsame Arbeit der Bauern beobachten. Hier, wie sonst nirgendwo, konnten wir unsere Auffassung der Wirklichkeit ausarbeiten und eine eigene künstlerische Sprache finden.
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Demonstration zum Ersten Mai in Uzhgorod Von links nach rechts: Manailo, Chochlov, Erdeli, Grabovky, Kashay, Boretsky, Kotska, Sholtes
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Wir bildeten die „Gesellschaft der Kunstschaffenden in Podkarpatska Russ“. Wir arbeiteten und lernten bei den anerkannten alten Meistern und wollten die Verehrung der Schätze, die von Rembrandt und Velazquez, Goya und Tiepolo, Munkacsy und Courbet geschaffen wurden, durch unser ganzes Leben tragen. Wir hatten das Ziel, unser Kollektiv und unsere Kunst vom Dilettantismus, vom unbegründeten „Avantgardismus“ und von den offiziellen Saloneinflüssen abzugrenzen.
Die neue Periode der künstlerischen und der Organisationstätigkeit begann 1944, als Transkarpatien durch die Sowjetarmee von den deutschen Eroberern befreit wurde und unsere Künstler Möglichkeiten für die schöpferische Arbeit bekamen, die sie bis dahin noch nie gehabt hatten. Unser Kollektiv veränderte sich und wurde größer.
Ein viele Millionen umfassendes Publikum von Betrachtern, unsere Freunde und wahre Kunstkenner. Wir hatten nie vorher auch nur davon zu träumen gewagt.
Wir waren auf der breiten Straße der Kunst angekommen. In unserem Kollektiv erschienen neue Meister: Maler wie A. Kashay, G. Hlyuk, Bildhauer wie V. Svyda, I. Harapko und Grafiker wie V. Berec.
In Uzhgorod wurde die Gemäldegalerie und die Kunstfachschule eröffnet. Sie hat einige Generationen der Meister für Malerei, Grafik und dekorative angewandte Kunst herangebildet. In dieser Fachschule haben mehrere transkarpatische Künstler ihr schöpferisches Leben begonnen, die später die Hochschulen und Kunstinstitute in Kijiv, Lemberg, Leningrad und Moskau absolvierten. Das waren: A. Shepa, E. Medvedska, N. Medvedsky, V. Mykyta, V. Habda, P. Bala, V. Zvenigorodsky, E. Kremnytska, N. Herc, Y. Herc, I. Shutev, A. Dunchak u. a.
Zur Hochzeit von W. Habda |
Sholtes in seinem Arbeitsraum |
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Auf Motivsuche Kashay, Sholtes |
Und heute, wenn wir den Weg, den unsere Kunst zurücklegte, an uns vorbeiziehen lassen, wenn wir das Vergangene bewerten und das Gegenwärtige durchdenken, kann man mit großer Überzeugung sagen, dass die transkarpatische Malereischule erfolgreich war, auch wenn sie noch wichtige Aufgaben erfüllen und den Weg zu Ende zu führen muss, der beschritten wurde.
Heutzutage entwickelt sich die transkarpatische Malereischule weiter – eine Entwicklung, die in der Zukunft zum weiteren Aufblühen ihrer künstlerischen Talente beitragen wird.
Y. Y. Bokshay,
Volkskünstler der UdSSR,
korrespondierendes Mitglied der Akademie der Kunstwissenschaften der UdSSR