Boris Kuzma, Vorsitzender der Transkarpatischen Organisation des Nationalen Künstlerverbandes der Ukraine |
Die darstellende Kunst in Transkarpatien ist wie jede bedeutende Erscheinung von ihrer unvergleichbaren Einzigartigkeit, ihren zeitlichen Besonderheiten und ihrem fest umgrenzten System künstlerischer Ausdrucksmittel geprägt, das auf dauerhaften, jahrhundertealten Kunsttraditionen basiert.
Weit über die Region hinaus werden die Arbeiten der Volkskünstler des Transkarpatengebietes bewundert. Verdiente Anerkennung erhielten die Schnitzkunst und das Töpferhandwerk. Ferner müssen die Teppichkunst und die Stickereiarbeiten, die Flechtkunst und die Kunstarbeiten in Holz genannt werden. Die Kunst ernährte ihre Schöpfer, und sie beseelt die Menschen der Region durch die schöpferische Energie der Volksästhetik.
Aus diesem ewigen Quell schöpften die hervorragenden Meister der Malkunst, Y. Bokshay und A. Erdeli. Sie erschlossen den Pfad für die Entwicklung einer professionellen Malkunst in Transkarpatien und schufen damit das feste Fundament der darstellenden Kultur, auf dem ihre Kollegen, Schüler und Erben das vielseitige Gebäude der selbstständigen Malereischule errichteten.
1945 wurde die Pidkarpatska Russ in das Gebiet der Ukraine aufgenommen; am 16. August 1946 wurde die transkarpatische Abteilung des Künstlerverbandes der Ukraine gegründet. Der erste Vorsitzende des Organisationskomitees – und später der Vorsitzende des Verbandes – war A. Erdeli; die Verbandsmitglieder zur Zeit der Gründung waren: Y. Bokshay, E. Hrabovskiy, F. Manailo, A. Kocka, Z. Sholtes, A. Boretskyy, E. Kontratovych, M. Rosemberg, V. Svida, I. Harapko und A. Dobosch.
Die Mehrheit der Künstler des Transkarpatengebietes ging in den Bestand der Sowjetunion als schon vollständig ausgebildete und erfahrene Meister, mit einer reichen Lebenserfahrung und schöpferischen Potenzialen, mit ihrer künstlerischen Weltanschauung, ihrem Geschmack, mit ihrem Bekanntenkreis und ihrer künstlerischen Individualität ein. Die neue Realität stellte viele von ihnen vor dramatische Herausforderungen: Die „Kenner“ der Parteiideologie versuchten, die künstlerische Individualität in den Rahmen der offiziellen Kunst hineinzudrängen. Sie verliehen einzelnen Künstlern das Prädikat des Formalen oder des Kosmopolitismus u. v. a. m.
Unter dem Druck der Funktionäre wurden A. Erdeli, F. Manaylo, A. Kocka. E. Kontratovitch und A. Boretskyy mehrfach gezwungen, ihre Position als Künstler zu überdenken. Sie versuchten, sich in ihren schöpferischen Aktivitäten den Forderungen anzupassen, die während der Sowjetzeiten an die Künste gestellt wurden. So ist es nicht verwunderlich, dass ihre Arbeiten in Teilen wenig überzeugend und ehrlich wirken.
Trotz allem lebte und entwickelte sich die Kunst in Transkarpatien weiter. In den schöpferischen Werkstätten von A. Erdeli, Y. Bokshay, A. Kocka, F. Manaylo und E. Kontratovitch entstanden neue Arbeiten, in denen die besten Eigenschaften der Malerei vergangener Jahre aufbewahrt wurden. Jeder von ihnen ging seinen eigenen künstlerischen Weg. Aber sie vereinte das gemeinsame Ziel – die Würdigung des Heimatlandes. Originell und unvergleichlich schöpferisch tritt die Gestalt von Fedor Manaylo in der Malerei Transkarpatiens hervor. Er war ein Künstler-Philosoph, ein Märchenerzähler und gleichzeitig zutiefst Realist, ein Beschreiber der Sitten und Bräuche.
Die gesamte Kunst von Manaylo beruht auf dem verstärkten Einsatz von Stilmitteln wie Hyperbeln, Metaphern oder darstellender Synonyme. Die Bergbewohner, ihr Leben, ihre Bräuche, die reiche Folklore – Lieder, Legenden, Märchen, – das sind die Hauptthemen des schöpferischen Werks des Malers. Als sensibler Dichter des Gebirges und seiner stolzen und schönen Menschen machte A. Kocka mit seinen Werken von sich reden. Das Ungewöhnliche zeigte sich in der Auswahl und in der Auslegung der Themen, der Gestalten, in der Beziehung zur Realität und im Kolorit, das auf seinen Leinwänden sichtbar ist.
Licht und Farbe – das ist das Elementare des Künstlers: Klar, hell und zur gleichen Zeit nicht besonders stechend, man könnte fast sagen gedämpft, samten im Ton, als würde es überfließen, flimmernd, fließend und sich verbindend, so geht auf der Leinwand eins ins andere über. Als hervorragender Meister der Landschaftsmalerei empfahl sich Z. Sholtes. Sein Schaffen zeichnet sich durch die Klarheit und Zugänglichkeit der künstlerischen Sprache aus. Die wahre Bestimmung Z. Sholtes liegt in der Komposition. In der Landschaftsmalerei findet der Künstler die künstlerischen Ausdrucksmittel, die in vollen Zügen das Gefühl des vollständigen Lebens vermitteln. Die Werke von E. Kontratovych bedienen sich aus den reichen Traditionen der Volkskunst. In seinen Arbeiten vereinigen sich harmonisch die romantische Poesie und die Dramatik des Lichts, was seinen Werken eine besonders ausdrückliche Emotionalität verleiht.
Nicht hoch genug einzuschätzen ist die Rolle und der Platz von H. Hljuk in der Malerei Transkarpatiens, eines kompromisslosen Anhängers des Realismus, der die Menschen und das Leben liebte. Ende der 40er bis Anfang der 50er Jahre wurde die Gruppe der begabten transkarpatischen Künstler noch um ein weiteres Talent ergänzt, A. Kashay, der ein Schüler und Nachfolger von Y. Bokshay war. Die Werke dieses Künstlers sind gekennzeichnet durch ein besonderes Interesse an den Kompositionsgesetzen monumentaler Landschaften, an der epischen Weite. Sein ganzes Talent widmete der Künstler der Natur des Heimatlandes.
Mit den ersten Absolventen der Uzhgoroder Kunstfachschule wurde das künstlerische Leben in der Region spürbar stimuliert. Einer von ihnen war V. Habda. Er liebte die veränderliche, kaum spürbare Laune der Natur – und er konnte sie malen. Seine Landschaftsmalerei wurde zu einer bemerkenswerten Erscheinung in der Entwicklung der darstellenden Kunst in Transkarpatien. Ursprünglich und ohne Frage ein unvergleichlicher Meister seines Faches, der sich in vielen Genres auszeichnete, ist V. Mikita, Volkskünstler der Ukraine und Mitglied der Akademie der Künste der Ukraine. Das für die transkarpatische Malereischule traditionelle Thema „Das Sein des Menschen in Verbindung mit dem Land“ setzte Mikita in einer Vielzahl von bemerkenswert ausdrucksstarken Bildkompositionen um. Es ist die Erinnerung des Künstlers an die barfüßige bäuerliche Kindheit, die Natur und die menschliche Tätigkeit, eine Erörterung der Rolle des Schöpferischen in der Gesellschaft und im Leben.
Das Schaffen von Y. Herc ist von dem Bestreben geprägt, sich auf die echten Werte der Volkskultur zu berufen. Begeistert gibt er die festliche Seite des Lebens der transkarpatischen Bergbewohner wieder. Diese Werke zeichnen sich durch das betont Dekorative der Farbe, durch das mosaikartige Spiel der malerischen Wirklichkeit und durch bewegliche Kompositionsakzente aus. Im Orchester der transkarpatischen Landschaftsmalerei zeichnet sich die Leinwand von I. Shutev durch eine ganz eigene Note aus. Die freie Ausdrucksform, das Feuerwerk der dekorativen Farben beeindruckt in den Landschaften und Stillleben des erfahrenen Meisters. Einen beträchtlichen Beitrag zur Malerei aus dem Transkarpatengebiet leisteten die ausgesprochen begabten Künstler E. Kremnitska-Bedzir, O. Burlin, M. Sapatyuk, I. Ilko, V. Burch, V. Zvenigorodskiy, M. Bilanin und Y. Bokshay, jun.
Hochgebildete Künstler mit einer ausgeprägten künstlerischen Kultur und intensiver schöpferischer Suche sind V. Prichodko und V. Skakandy. Gemeinsam mit ihnen bestimmen Z. Michka, P. Feldeshi, Y. Rushchak, Y. Babynets, T. Danylych, O. Saller und L. Haydu die gegenwärtige Entwicklung der Malereischule im Transkarpatengebiet. Sie unterscheiden sich durch ihre künstlerischen Fähigkeiten, ihre eigene Malweise und ihre künstlerischen Neigungen.
Die künstlerische Erfahrung der älteren Kollegen wurde zu einem festen Orientierungspunkt für die schöpferische Jugend. Die entscheidende Ablehnung des Epigonenhaften und ihre jeweilige künstlerische Individualität, das ist vielen, wenn nicht allen jungen Künstlern eigen.
Die qualitative Erneuerung der transkarpatischen Malereischule in den 80er Jahren verdanken wir V. Pavlyshin, O. Pazuhanych, V. Habda, T. Usyk, V. Cherepanya, O. Horal, Y. Moshak, M. Berec, I. Didyk, O. Hromoviy sowie S. Biba.
Neben der Unterstützung der schöpferischen Arbeit gilt das rege Engagement des Künstlerverbandes vor allem der Organisation von Ausstellungen und der Freilichtmalerei. Die Internationalen Pleinairs organisiert der Künstlerverband seit 1978. Auch die Mitglieder des Künstlerverbandes nutzten die Möglichkeiten, die viele Länder boten. Die Werke der Transkarpatenkünstler werden seit 1966 auch außerhalb der Ukraine ausgestellt. Sie sind ein Zeugnis für die Schönheit des eigenen Landes.
Boris Kuzma