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Geschichte der transkarpatischen Malereischule

Lyudmila Biksey

Lyudmila Biksey,

Stellvertretende Leiterin für Wissenschaftsfragen
des Transkarpatischen Bokshay-Landeskunstmuseums,
Trägerin des regionalen Bokshay-Erdeli-Preises

Der Fachausdruck „transkarpatische Malereischule“ ist in die Lexika der gegenwärtigen Kritiker und Kunstwissenschaftler eingegangen. Die Sammler und die Öffentlichkeit bekunden ein stetiges Interesse für diese außerordentliche Kunsterscheinung. Der starke Zuspruch und der Erfolg werden von der immer weiter steigenden Bewertung der führenden transkarpatischen Meister und ihrer Werke begleitet. Die besondere Aura des Europäismus und der hohen Meisterschaft zeichnet diese regionale Schule immer und überall aus.

Yo. Bokshay „Errichtung des echten lebensspendenden Kreuzes“, 1939 Yo. Bokshay „Der Fruhling in Stavne“, 1963 Öl auf Leinwand, 85 × 62

Yo. Bokshay „Auf dem Bergpass“, 1950er Öl auf Leinwand Yo. Bokshay „Schaul“, 1954 Öl auf Leinwand

 

Die transkarpatische Malereischule war die entscheidende Erscheinung für den Beginn der akademischen Malerei Transkarpatiens.

Die auf eine jahrhundertealte Tradition zurückgehende, historisch und kulturell vielfältige Volkskunst in all ihren Erscheinungen erwies sich als energetisches und ästhetisches Potenzial, das als Bewegungsfaktor für die gesamte Kunst Transkarpatiens wirkte. Das durch das Volk geprägte Verhältnis zur Welt bestimmte das Verhältnis zum Land der Vorfahren. Das Glaubenssystem kultivierte die Geisteshaltung. In diesem Land bewahrte sich bis in das XX. Jahrhundert die altslawische Sprache in all ihrer Reinheit und Heiligkeit als Energie spendendes Herz und als Symbol des Ethnos. Das Archaische im System der Phonetik in der Sprache trug eine melodische Gegenständlichkeit in sich. Psychisch war den Transkarpatiern eine betrachtende Philosophie zu eigen. Das führte zur Herausbildung einer positiven Lebenshaltung.

Памятник Адальберту Эрдели и Иосифу Бокшаю (г. Ужгород). Автор: М. ОлийныкAuf das Ehrenpodest wurde die transkarpatische Malereischule in der Periode der „Sowjetischen Epoche“ gehoben. Die neue Macht, die 1945 in die Karpaten kam, brachte auch den Kultur-Aufklärungstrupp mit sich. Meister, Künstler, Schriftsteller, Journalisten, alle, die nach Transkarpatien kamen, konnten den Schock kaum überwinden: In Transkarpatien trafen sie auf eine hochprofessionelle, talentierte, unverfälschte und nicht durch eine Ideologie reglementierte Kunst. Das hatte man nicht erwartet.

Transkarpatien gehörte jahrhundertelang zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Die Koexistenz mehrerer Nationalitäten mit ihren spezifischen Traditionen, die Bewahrung der Authentizität nationaler Kulturen trug zur gegenseitigen Bereicherung des Lebens der Völker im Lande bei. Das verhältnismäßig ruhige Leben in Österreich-Ungarn beförderte die Bewahrung vieler positiver nationaler Prinzipien und Seiten in der Existenz der Völker dieser Region. In aller Ruhe sammelte sich das Potenzial. Denn Persönlichkeiten treten nicht ohne Voraussetzungen in Erscheinung. Viele Künstler sind genetisch oder schöpferisch, direkt oder indirekt mit Transkarpatien verbunden: Mihaly Munkacsy, der Genius der ungarischen realistischen Kunst, Klassiker russischer Kunst wie Ihor Hrabar, Shimon Golloschi, Hnat Roshkovych, Theodor Musson, Imre Revesz.

A. Erdeli Das alte Prag Öl auf Holz, 50 × 60 A. Erdeli Stillleben mit der roten Tasse Öl auf Holz, 50 × 60

Laut den geheimen Vereinbarungen in Saint-Germain und Trianon wurde Transkarpatien nach dem Ersten Weltkrieg als autonome Region in den neu gegründeten Staat Tschechoslowakei eingebunden, bis dieser 1939 aufgelöst wurde. Diese zwanzig Jahre waren sehr fruchtbar für den Kultur- und Ausbildungsprozess in dieser Region. Gerade in dieser Zeit begann die Epoche der sogenannten „nationalen Wiedergeburt des Landes“ – der nationalen Renaissance. In diese Zeit fällt auch die Gründung der transkarpatischen Malereischule.

Die europäische akademische Ausbildung der transkarpatischen Künstler galt als Norm. Budapest, Wien, Prag, München und sogar Paris lagen den Transkarpatiern am nächsten. Die Absolventen der Akademie der Künste in Budapest waren Y. Bokshay, A. Erdeli, Adalbert Apati-Abkarovych, Hnat Roshkovych, Omelyan Hrabovskiy, Laslo Sharpotoki-Dvan, Dyula Ijas; Akademie der Künste in München: Dyula Virag; Jerusalem: Jene Morvaji; Römische St. Lukas Akademie: Andrej Kocka; Hochschule der Kunst und Industrie in Prag: Fedor Manailo und Ivan Harapko. In Paris studierten Gyula Virag und Dyula Ijas …

Für den Aufbau und die Bildung einer soliden Kunstschule mussten Voraussetzungen geschaffen werden. Sie bildeten sich in Transkarpatien in der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts heraus. Der subjektive Faktor bestand im Vorhandensein begabter Persönlichkeiten, die ihr schöpferisches Potenzial realisierten und die Nachfolge sicherten. Ebenso waren und gingen in die Geschichte der transkarpatischen Malereischule ihre Gründer Y. Bokshay und A. Erdeli ein. Beide waren hervorragende Persönlichkeiten, die für die Erfüllung ihrer Mission geboren wurden. Denn Verantwortung nicht nur für die eigenen Schüler und Erben, sondern auch für die regionale Malereischule, das ist keine einfache Sache. Wie viele schwierige Examen erwarteten sie! Würden die Schüler und Lehrer diese in Ehre bestehen? Konnte Y. Bokshay voraussehen, dass sein Leben in eine Zeit fällt, die als „geistige Enthaltsamkeit“ zu bezeichnen ist?

A. Erdeli „Teich“ Öl auf Leinwand, 50 × 60Durch die KPdSU erging ein Verbot der Kirchen in Transkarpatien und in der Ukraine wurde in jesuitischer Art ein Schicksal zerbrochen, indem dem Künstler der Gegenstand seines geistigen Schaffens, die sakrale Kunst, genommen wurde. Es werden Erinnerungen wach an die tragischen Darstellungen in Adalbert Erdelis Werken des „XX. Jahrhunderts“ (1931), in denen Beunruhigung und Trauer über die Zukunft Europas und über die Leere in der Welt zum Ausdruck kamen. Das Phänomen der transkarpatischen Malereischule ist selbstverständlich mit den ruhmreichen Namen der Kollegen und Partner Y. Y. Bokshay (1891–1975) und A. M. Erdeli (1891–1955) verbunden. Nach den langen Jahren des Ersten Weltkrieges und nach seiner Gefangenschaft im südlichen Gebiet des zaristischen Russland kehrte Y. Bokshay, der junge Absolvent der Kunstakademie in Budapest,1918 nach Hause zurück. Er arbeitete als Lehrer des Malens und als Eparchienkünstler in Mukachevo. Ein Jahr später absolvierte Adalbert Erdeli die gleiche Akademie. 1922 erprobte er dann seine Fähigkeiten in der Münchner Schule von Anton Ashbe.

O. Hrabovskiy Gebirge in Jasseni, 1951Er präsentierte sich auf der Ausstellung im Glaspalast in München. Das hohe Niveau der Lehre des Slowaken Anton Ashbe in München spielte eine große Rolle bei der Ausbildung des künstlerischen Geschmacks von A. Erdeli, dem der Konservatismus der alten „Akademiker“ nicht gefiel. Europa war der geografisch bestimmte Ort, in dem die Saat in den Talenten aufging, die wiederum die Frucht der Liebe zur Kunst gebaren – die transkarpatische Malereischule.

Dank der Bemühungen der beiden großen Künstler wurde in Transkarpatien eine Stiftung ins Leben gerufen, die ihre Heimat berühmt machte. Zwei Künstler – Bokshay und Erdeli – mit glänzender Ausbildung und weltmännischen Prinzipien schufen 1927 als Tandem die sogenannte „Öffentliche Privatschule für Zeichnung“, um die professionelle Kunst in Transkarpatien auf ein höheres Niveau zu heben.

F. Manaylo (1910–1978) Stadtrand von Uzhgorod, 1947Allein der Fakt, dass im Jahre 1927 in Uzhgorod eine Privatschule für Zeichnung geschaffen wurde, war für dieses Gebiet ein wichtiges Ereignis der eigenen Geschichte.
Den Kennern ist bekannt, dass, um ein Meister seines Faches zu werden, der Gegenstand des Schaffens klar sein sollte. Der Grundstein der transkarpatischen Malereischule war immer die Ehre, die Prinzipientreue, die Demokratie und die Zugänglichkeit zur Bildung. Der Künstler ist verpflichtet, an sich selbst hohe Anforderungen zu stellen, und muss die Kunst in der Welt kennen.
Der künstlerische Pluralismus in der „Privatschule“ verschmolz auf der Basis akademischen Wissens des Zeichnens, der Komposition und der Perspektive verschiedene Stile und Geschmacksauffassungen.

Z. Sholtes Bergfluss,1968Während einer bestimmten Schaffensperiode wurden die Arbeiten der Transkarpatier aufgrund ihres Hangs zum Dekorstil zu den Werken des Realismus gezählt. Zum gesamten Aufschwung des künstlerischen Prozesses in Transkarpatien haben die aktiven Praktiken der Freilichtmalerei (Pleinair) wie auch die wunderschönen Karpaten-Landschaften beigetragen, die die Künstler zum Schaffen inspirierten. Die Traditionen der Kunstschulen von Nagybanyo, Kecskemet, Tjachiv, München, Paris wurden schöpferisch umgedeutet und eingesetzt. Die Künstler der transkarpatischen Malereischule waren geprägt von einer europäischen Offenheit, von Aufrichtigkeit und Herzlichkeit in den Beziehungen mit den Kollegen. Vor dem Hintergrund der tragischen und antihumanen Ereignisse Anfang des XX. Jahrhunderts prägte die regionale Schule vor allem ihre Humanität, teils in sehr idealisierter Weise und in künstlerischen Ausdrucksformen des Romantizismus. Die Form des künstlerischen Lebens, von der geträumt wurde, erhielt ihre Gestalt in der „Pidkarpatskiy Barbizon“.

Jeder der Gründer der Schule trug seinen Teil zur allgemeinen Sache bei. Vor allem die aufopferungsvolle Arbeit von Y. Bokshay, die vor allem mit guter Methodik und sehr verantwortungsvoll im Sinne einer klassischen Ausbildung zum Gegenstand geleistet wurde, brachte sichtbare Ergebnisse. Ausstellungen, Expeditionen, Wanderungen und Freilichtmalereien (Pleinair) sowie aktive Öffentlichkeitsarbeit trugen zur guten Vorbereitung der neuen Generation bei. Adalbert Erdeli brachte den begabten transkarpatischen Künstlern das künstlerische Paris näher. Die modernen Richtungen und Strömungen der Kunst wurden nicht nur illustriert, sondern er zog seine Schüler zur aktiven schöpferischen Arbeit heran. Y. Bokshay und A. Erdeli waren in ihrer Erscheinung wie Feuer und Wasser. Sie waren jedoch seelenverwandt. Das Wichtigste war ihnen die Liebe – zu Gott, den Menschen und zur Kunst.

Hatten Y. Bokshay und A. Erdeli die Möglichkeit, sich persönlich und individuell zu entfalten? Ja. Aber sie konnten sich nicht vorstellen, außerhalb des Transkarpaten-Terrains zu wirken. Adalbert Erdeli war im dicht bevölkerten Paris nicht verloren gegangen. Er lebte und arbeitete dort zwischen 1929 und 1931. Die Stadt war eine große Versuchung für die Künstler. Alle wollten große Bekanntheit erringen. Paris diktierte die Mode. Paris lebte mit den Gefühlen, war aber nur gegenüber den eigenen Idolen großzügig. Zeitgenossen berichteten, dass in den 30er Jahren des XX. Jahrhunderts in Paris ungefähr 40.000 Künstler Mäzene, Publikum, Ruhm und Lebensunterhalt suchten. A. Erdeli erzielte Erfolg, kehrte aber nach Hause zurück. Ohne Transkarpatien konnte er nicht leben.

I. Brovdi „Kirche im Dorf Krajnikovo“Y. Bokshay schöpfte seine Möglichkeiten aus, indem er die besten sakralen Kunstwerke in Museen des Vatikans, Roms, Münchens und Dalmatiens studierte. Aber er war nie für längere Zeit außerhalb Transkarpatiens, da er arbeitsmäßig sehr stark eingebunden war. Er lehrte und war Kirchenkünstler. Die Meister aus Transkarpatien eigneten sich die geistigen Prinzipien der Großen der darstellenden Kunst, Y. Bokshay und A. Erdeli, an. Das Interesse am Schicksal des Heimatgebietes führte dazu, dass es sich die hochgebildeten A. Erdeli, Y. Bokshay, E. Hrabovskiy und mit der Zeit auch die Absolventen der privaten Zeichenschule A. Kocka, E. Kontratovytch, A. Boretsky, S. Sholtes sowie A. Dobosh zur Aufgabe machten, dem Volke mit ihrer Kunst zu dienen. Die ideellen Führer und Lehrer Bokshaj und Erdeli waren die Seele der schöpferischen und beruflichen Vereinigungen. 1931 wurde die Gesellschaft der Kunstschaffenden in der Podkarpatska Russ gegründet, die nach einem Jahr schon 38 Künstler vereinigte und deren Vorsitzender Adalbert Erdeli wurde. In der Sowjetzeit wurde die Transkarpatische Abteilung des Künstlerverbandes der Ukraine ins Leben gerufen. Sie vereinigte um A. Erdeli Künstler wie Y. Bokshay, O. Hrabovskiy, F. Manaylo, A. Kocka, Z. Sholtes, A. Boretskiy, M. Rosenberg, V. Svyda, I. Harapko, E. Kontratovych, E. Grünwald und A. Dobosh.

Jeder, der so oder anders mit den Koryphäen Bekanntschaft machte oder bei ihnen lernte, spricht davon mit Stolz. Verschafft dies dem Künstler einen Vorteil? Natürlich nicht. Aber es gibt einen Grund, von einer Schule zu sprechen. Es ist kein Geheimnis, dass es, besonders in der heutigen Jugend, einige gibt, die es als wenig sinnvoll erachten, eine eigene Stilrichtung als transkarpatische Malereischule auszurufen. Es ist bekannt, dass Standards und Formen sich ständig verändern. Die trockene Theorie, die allen schon über ist, kann das Leben nicht in der sterilen Form im Laboratorium halten. Es ist jedoch eine andere Frage, wenn sie so gestellt wird: Wie lange können die Formen, die Y. Bokshay und A. Erdeli in die Geschichte der transkarpatischen Malereischule einbrachten, auf Künstler einwirken? Sicherlich müssen noch einige Dutzend Jahre vergehen, um unsere Antwort zu finden. Nur die ersten Mutigen und Glückskinder, die mit ihnen unmittelbaren Kontakt pflegten, vermochten die gleiche Luft wie sie zu atmen. Die Atome und Moleküle sind seit dieser Zeit die gleichen geblieben wie auch die Formel. Nur, wo sind sie, A. Erdeli und Y. Bokshay?

 

Yuriy Herc „Das Lied der Verhovina“, 1993 A. Kocka „Mohnblumen“

Vasyl Habda (1925–2003) „Herbstblumen“, 1976

Sie sind mit uns wie ihre herrliche, ewige Kunst. Die feinen Linien, die wie Nerven das Kunstschaffen A. Erdelis durchziehen, erinnern uns an das unvergleichliche Geheimnis der Liebe. Die Unendlichkeit entdeckte er in den Menschen: in der Freundin seines Lebens, in der Mutter in sich. Die irdischen Ideale des Meisters – der Gaube an die Kraft der Liebe und des Guten. Der Weg dorthin führte ihn allerdings durch den Schmerz seiner expressiven Kunst, seinen Golgathaweg. A. Erdeli suchte die Symbolik in der umgebenden Welt, wo das Wesen und das Sein zusammenfällt. Die Kunst von A. Erdeli war kein Symbolismus. Sie hat mit philosophischer Methode die Symbolik der Welt interpretiert und mit der Sprache des Stilllebens und der Blumen gesprochen. Er suchte den Rhythmus des künstlerischen Wortes, um einen ausdrucksreifen Blumenstrauß zu gestalten. Er selbst schuf sich alle Regeln des Handelns, das dann Bild genannt wurde, indem er die schöpferischen Gestalten eines Cézanne und Matisse zur Grundlage nahm. A. Erdeli beeindruckte die dekorative farbliche Semantik der Gemälde von Vlaminck und Derain.

Die Ausstrahlungskraft der Gemälde von A. Erdeli wurde durch die kompositorischen Besonderheiten verstärkt. Ausdrucksvoll in Diagonalrichtung dargestellte Figuren wurden vom Künstler asymmetrisch um das Bedeutungszentrum des Bildes gruppiert. Der Maler hatte eine Vorliebe für das Landschaftsgenre, in dem er seine farbigen Träume und Gefühle prunkvoll ausleben konnte. Den französischen Vorbildern sich annähernd, kombinierte Erdeli bunte, offene Farben mit Leichtigkeit, obwohl es seiner natürlichen Intelligenz und Sanftmut eigentlich nicht entsprach, sich knalliger, aggressiver Farben zu bedienen. Doch manchmal sehen wir in den Werken von A. Erdeli die farbigen, pulsierenden Feuerwerke des Karnevals. Das vom Künstler geliebte „französische Grün“ – die Farbe auf den trüben, bemoosten Dächern der städtischen Häuser, die den Tag über der Seine oder der Moldau wie mit Spitzen umwickelte –, dieses Grün erinnert einen an die unvergängliche Jugend der Seele des begabten Malers aus Transkarpatien, an ihren Stolz und Ruhm.

H. Hlyuk „Erster Schnee“, 1961V. Mykyta „An der Schwelle des Ewigen“, 1995 Öl auf Leinwand, 185 × 125 Bei seiner Selbstsuche in der Kunst vermochte es A. Erdeli, aus verschiedenen Quellen der nationalen Kulturen Deutschlands, Ungarns, Frankreichs und der Ukraine das Nötige für die Formierung des eigenen Schaffensstils zu schöpfen. Die Tiefe des Meisters A. Erdeli besteht in der Farbe, in der emotionalen Dynamik und in der vollständigen Abwesenheit der überdrüssigen und „toten“ Zeichnung. Einzelausstellungen fanden 1923 in München, 1929 in Prag und 1954 in Uzhgorod statt. A. Erdeli lebt in den Erinnerungen der Menschen als Ritter und Dichter, als Künstler und Aristokrat, als ein ganz Großer der ukrainischen und der Weltkunst.

Yossip Bokshay ist ein Klassiker der realistischen darstellenden Kunst. Der Künstler war vielseitig begabt. Er schuf erzählende Landschaften, Genrekompositionen, wunderbare Grafiken und tiefe individuelle Porträts. Er ging in die Geschichte der darstellenden Kunst der Ukraine als einer der begabtesten Monumentalisten des XX. Jahrhunderts ein.

 

A. Kashay „Landschaft“ Öl auf Leinwand, 60 × 50Misst man das Kunstschaffen dieses Künstlers mit europäischen Maßstäben, so geht sein Erbe weit über die Karpatenregion hinaus. Mit den Werken Y. Bokshays kann man sich nicht nur in der Ukraine bekannt machen, sondern auch in den Nachbarländern: in Ungarn, der Slowakei, in Polen, Rumänien und in Tschechien. Die Verbindung des Weltlichen mit dem Göttlichen im Menschen ist das Leitmotiv und das wesentliche Kennzeichen der Werke des Künstlers. Das Gold des „Bokshay-Herbstes“ ist in den majestätischen Karpaten-Landschaften besungen. Die organische Synthese des Sakralen und des Tiefen in der Volksseele entsprachen den Überzeugungen und der Weltanschauung des Künstlers. Der Künstler liebte seine Heimat sehr. In seinen sakralen Werken proklamierte er das lebensbejahende Pathos des Lichtes und der Wahrheit. In aller Offenheit sprach er mit seinen Kollegen. Er suchte nach Rettung vor dem Bösen in Gebeten, in seinem Glauben an Gott und in seiner natürlichen Herzensgüte.
Die große Vielzahl der das Talent des Künstlers zum Ausdruck bringenden Werke der monumentalen und der kleinformatigen Malerei sind im Zeichen der Liebe und in Verallgemeinerung des Poetischen des Heimatgebietes geschaffen worden. Die Berge und Täler als bekannte Wahrzeichen und vor allem – die Menschen. Die Leinwand des Malers Y. Bokshay bringt die Menschen in all ihrer Vielfalt zum Ausdruck: episodisch, als ausfüllende Figuren oder in Form beeindruckender Porträts der geistlichen Würdenträger oder der einfachen Bergbewohner.

A. Shepa „Ostern“, 2001 Öl auf Leinwand, 100 × 75Eine der bemerkenswerten Charaktereigenschaften des Lehrers Bokshay war das Bestreben zu lernen – ständig und überall. Er sagte wiederholt, dass es nicht feststehe, wer bei wem lernt und wer wessen Lehrer ist. Selbst im hohen Alter achtete er die Auffassungen seiner jungen Kollegen. Er glaubte in seinem tiefsten Inneren an Gott. Für ihn war der Glaube nicht nur ein Ritual, er war sein Leben.    

In der Jugend studierte Y. Bokshay bei angesehenen Meistern an der Akademie der Künste in Budapest. Dort erkor er den Realismus zu seinem Lieblingsstil. Er war weise wie das Volk, deswegen war sein Wesen und seine Kunst so nah und verständlich. Zu seinen Lebzeiten wurde er mit den höchsten Auszeichnungen der UdSSR geehrt: 1963 – E. Kontratovych „Hochzeit in Verhovina“, 1972Volkskünstler der UdSSR, 1958 – korrespondierendes Mitglied der Akademie der Kunstwissenschaften der UdSSR Einzelausstellungen gab es in den Jahren 1962, 1963 und 1971 in Uzhgorod sowie 1978 in Kijv.

Y. Bokshay und A. Erdeli sind legendäre Gestalten der ukrainischen Malerei, die sie haben diese mit der Gründung der transkarpatischen Malereischule bereichert. Die transkarpatischen Maler haben sehr schnell zentrale Positionen in der ukrainischen bildenden Kunst eingenommen. Dem Kreis der Schüler von Bokshay und Erdeli gehörten hervorragende, originelle und schöpferische Persönlichkeiten an: der lyrische A. Kocka, der monumental-polyphonische A. Boretskiy, der malerische A. Dobosh, der besinnlich-melodische Z. Sholtes, der philosophische E. Kontratovych, der epische A. Kashay, der malerische I. Shutev, der elegische V. Habda sowie die ethnisch-folkloristischen Y. Herc und V. Mykyta und viele andere mehr. Die charismatischen Stifter und Leiter der transkarpatischen Malereischule wurden zur treibenden Kraft dieser mächtigen Erscheinung, die als Katalysator der nationalen Wiedergeburt Transkarpatiens in den 30er Jahren gewirkt hatte. Sie haben sich das Recht ihrer Existenz in der Kunst nicht nur im XX., sondern auch in allen nachfolgenden Jahrhunderten erworben.

Ludmyla Biksej


I. Shutev „Flockenblumen“, 2008 Öl auf Leinwand, 75 × 55