Robert Saller: „Die Verrücktheit“ braucht Aufmerksamkeit – und Geld umso mehr! |
Andriy Stehura: Man wird als Künstler geboren oder man wird Künstler, wenn es die Notwendigkeit dazu gibt. |
Marsel Onysko: Bleib hungrig und unausgeschlafen. |
Vadym Kharabaruk: Die Kunst ist eines der ältesten Mittel, das zur Harmonisierung der Beziehungen zwischen den Menschen und der Welt beiträgt. |
Die „Pop-Trans“-Formation (der Name steht für „populäre Transformation“) ist 1994 geschaffen worden. Dank der Tätigkeit dieser Vereinigung wurde in der Kunst Transkarpatiens in den 1990er Jahren zum ersten Male nicht nur die Frage nach den gestalterischen Problemen aufgeworfen, sondern auch über die Kunst im Allgemeinen und über die Aufgaben, denen sie sich stellen sollte, diskutiert. In diesem neuen Licht wurden auch die Fragen nach dem Erbe und dem Pioniergeist in der Kunst gestellt. Es wurde der Platz des Künstlers in der Abfolge Schöpfer–Bild–Betrachter erörtert.
Die Künstler begannen ihre Tätigkeit mit der Erforschung der Ästhetik der totalitären Kultur der sowjetischen Periode, und zwar im Hinblick auf den Nachlass und die Merkmale der westlichen Popkultur. Diese Gegenüberstellung ist vor allem deshalb wesentlich, weil die Quintessenz der populären Kultur in der Reproduktion liegt, die zwar in beiden Kulturen ihren Platz hat, aber mit verschiedenen oberflächlichen Ideen aufgefüllt ist, die sich zum Beispiel in den fabrikmäßig gefertigten Alltagsprodukten wiederfinden. Daraus schöpften die Künstler der „Pop-Trans“-Formation. Die Maler bedienten sich der plastischen Mittel der westlichen Pop-Art der 60er Jahre, um die populären Transformationen zu bestätigen, und sie haben ihren Stil auf die neuen Inhalte ausgerichtet.
V. Kharabaruk zeigte in seinem ersten Projekt („Nostalgie“, 1994) eine Reihe von Produkten des Massenbedarfs – Fernseher, Radioempfänger –, die nostalgische Gefühle nach der Sowjetepoche und nach der Gemütlichkeit in den eigenen vier Wänden hervorrufen sollten, die in Zeiten des Umbruchs aber nicht mehr adäquat sind. Indem sie in diesen dekadenten Bildern die sowjetische Wirklichkeit widerspiegelten, fanden die Künstler nicht nur spezifische visuelle Kombinationen, sondern auch den sarkastischen geistigen Hybride, der in der ukrainischen Kunst seit dem Anfang der 90er Jahre an Resonanz gewann.
Die Pop-Transformationen der sowjetischen Realität wurden in den Werken von P. Kovach thematisiert, in denen der Künstler den Stil von Propagandaplakaten mit der Ästhetik des digitalen Videos vereinigt. R. Saller experimentiert mit Foto-Collagen, in denen er Fotografien der Uzhgoroder Straßen der Nachkriegszeit mit den gigantischen Werbeplakaten aus den westlichen Megastädten zusammenfügt. Zudem findet der Künstler in der sowjetisch-ukrainischen Literatur Inspiration – hier ist stellvertretend für die jüngere Generation das Projekt „Der Waldfund“ (1995) zu nennen.
Indem der zufällige Betrachter und auch die Kritiker zum Dialog aufgefordert werden, ist der Pop-Trans ein bestimmtes provokatives Element zu eigen – man bedenke nur, dass Pop-Trans keinen Platz in der sowjetischen Kunst hatte, schließlich wurde alles Westliche als lebensfremd und verfault charakterisiert. Diese Art der Provokation begleitete die Tätigkeit der Künstlergruppe vom Beginn ihrer Existenz an bis zur Zeit der Umwertung der Werte, die sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre in den Künstlerkreisen Kijivs und Lembergs vollzog. Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Pop-Trans-Künstler von diesen Umbrüchen unberührt blieben und sie dass sie das Gleichgewicht in ihrem Schaffen bewahrten. Das Prinzip der Gruppe ist die Unbeständigkeit, die stete Transformation.
P. Kovach, V. Kharabaruk, A. Stehura, R. Saller, P. Penzel und M. Onysko waren die ersten Mitglieder der Art-Vereinigung. Jeder von ihnen sammelte auch außerhalb dieses Künstlerkreises eigene Erfahrungen. Im Kontext der Pop-Trans-Idee arbeitend, entdeckten die Künstler die Grundlagen ihres Schaffens in der Arbeit mit plastischen Elementen. Der Schablonendruck auf der Leinwand wurde zum Hauptsymbol der Pop-Trans-Ästhetik. Die produktive Technik der Plastik war den Künstlern Kharabaruk, Kovach, Onysko und Penzel eigen. Weitere wesentliche Techniken, die im einheitlichen System der Darstellungsformen Platz fanden, waren die Collage sowie die Arbeit mit Fax und Kopien.
Seit Ende der 1990er bzw. seit Anfang der 2000er Jahre ist ein leichter Rückgang der Aktivitäten von Pop-Trans zu verzeichnen. Die individuelle Suche setzte zwar einerseits immer häufiger neue Impulse für die Erweiterung der Interessen der Gruppe, andererseits führte sie aber auch dazu, dass sich die Entwicklung gemeinsamer Projekte verlangsamte. Zu den besonderen Errungenschaften der Gruppe in dieser Zeit gehört die Publikation der Zeitschriften „Was“ und „Ich – 1“; auf Initiative von M. Onysko wurden später einige Nummern der Zeitschrift „Panic Button“ herausgegeben, die kulturellen Fragen gewidmet war. Andere Pop-Trans-Künstler versuchten sich zeitweise im Design oder arbeiteten im Restaurationsbereich.
Es erfolgte ein Gedankenaustausch mit Künstlern aus den angrenzenden Territorien in der Ukraine. In der letzten Phase des ersten Jahrzehnts des XXI. Jahrhunderts wandte sich die Gruppe wieder der Malerei zu. Eine der bedeutendsten Ausstellungen in dieser Periode wurde unter dem Titel „Happy L’end“ in der Galerie „Karasj“ in Kijiv durchgeführt. Hier war weniger die Rede von der Erneuerung der Konzeption der Pop-Trans, vielmehr diente die Ausstellung der Präsentation der Ergebnisse der letzten Jahre. Im Anschluss an die Ausstellung war eine neue Welle von Aktivitäten der Gruppe zu verzeichnen, die in einer Reihe von weiteren Ausstellungen in verschiedenen Orten ihren Ausdruck fand.
Wir können demzufolge konstatieren, dass die Künstler der Kunstformation „Pop-Trans“ zum ersten Mal seit der Gründung des unabhängigen Staates Ukraine auf dem Territorium Transkarpatiens die Problematik der modernen Kunst aufwarfen. In professioneller Weise wurde die Frage nach dem Status der heimatländischen Kunst im Kontext der europäischen Kunst untersucht. Dies wiederum war der Anstoß für eine Neubewertung der Werte nicht nur im Rahmen der Geschichte der Kunst im Transkarpatengebiet, sondern auch im gesamtukrainischen Maßstab. Es gibt mithin eine ganze Menge an Gründen für die Behauptung, dass die Aktivitäten der Vereinigung „Pop-Trans“ nicht nur für das weitere Studium der Kunst- und Kulturgeschichte der Region, sondern auch für die gesamte Kunstgeschichte der Ukraine von Bedeutung sind.
Ivan Nebesnyk, jun.