Sehr geehrte Damen und Herren,
Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts begann Jevgenij Matvejev mit künstlerischen Experimenten im Bereich der Computerkunst. Das Ziel dieser Experimente war es, Möglichkeiten für die Anwendung digitaler Technologien im künstlerischen Schaffen zu finden. In mentaler Hinsicht war es ein komplizierter Prozess, weil man auf das gesamte eingespielte System von traditionellen künstlerischen Praktiken und auf den produktiven Widerspruch, der in einer professionellen künstlerischen Umgebung vorhanden ist, verzichten musste.
Von 2001 an kooperierte Jurij Novikov mit Jevgenij Matveev. Die Maler arbeiteten als schöpferisches Tandem. Ein Resultat dieser Partnerschaft war auch die Gründung der Gruppe NewMat, in die auch Marina und Aleksej Matvejev und Patrizija Tokav-Sedch einbezogen wurden. Mit frischen Kräften haben sie sich an die Entwicklung ganz neuer Prinzipien und Arbeitsverfahren gemacht, die in der digitalen darstellenden Kunst bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingesetzt wurden.
Die Künstler entwickelten einzigartige Technologien der Computermalerei (auch Fragen zur Registrierung des Patentes wurden erörtert). Diese Technologien stützten sich auf eine Herangehensweise, die sich grundsätzlich von jenen unterschied, die bis dahin von Künstlern weltweit praktiziert wurden. Die digitale Kunst gewann an Bedeutung, vorwiegend im Ausland, obwohl sie auch dort hauptsächlich als angewandte Kunst auftrat. Ihre Grundlage bildete die eigentümliche visuelle Form, die sich sofort als ein Computer-Bild erkennen ließ. Bisher existierte ein kolossaler Konflikt zwischen der Weise der Erschaffung eines Bildes, wie sie vom Maler nach traditionellen Methoden vollzogen wurde, und dem computergenerierten Bild. Manchmal schien dieser Widerspruch unüberwindlich zu sein. So besetzte die Computerkunst eine Nische in der weltweiten Praxis, konnte jedoch nur mit anderer Computerkunst konkurrieren. Dabei stand sie der traditionellen Kunst oft nach – hinsichtlich ihrer Haltung, der überzeugungskraft und des Ausmaßes der Aufgaben, die von der Gegenwartskunst in Angriff genommen wurden. Andererseits aber wurden die Computertechnologien als Untermalung klassischer künstlerischer Techniken und Methoden eingesetzt.
Hauptsächlich wurde das dekorative Potenzial der digitalen Technik genutzt. Dies führte oft zu Leichtigkeit und Inhaltslosigkeit, und die Computerkunst erwarb sich schließlich den zweifelhaften Ruf des Amateurhaften. Mit „der Kunst“ konnte jeder x-Beliebige spielen, und in 99,9 % aller Fälle wurde dies getan ohne ein Verständnis dafür, was sich vollzog. Aus irgendeinem Grunde hatte sich die Meinung verfestigt (zumindest in der Ukraine), dass eine jede beliebige Visualisierung schon Kunst sei. Jedoch trifft dies so nicht zu, genauer gesagt – es trifft gar nicht zu. Und dies umso mehr, als die allgemeine Verwendbarkeit der Computer und Programme für die Künstler (allerdings kamen sie nicht immer in die Hände von Künstlern im wahrsten Sinne des Wortes) zu einer enormen Flut von „Malwütigen“ führte, die sich auch sofort als Künstler verstanden. Daran ist prinzipiell nichts auszusetzen. Aber große Mengen von wenig Wertvollem überschwemmten den Markt. Für einen unvorbereiteten Zuschauer wurde es schwierig zu unterscheiden, was wahre Kunst und was schlechte Nachahmung ist, ja, ob das Geschaffene überhaupt etwas mit Kunst zu tun hat.
Es war ein weiterer Schritt, den die Berufskünstler Matveev und Novikov hinsichtlich des Verständnisses und der Techniken der digitalen Malerei machten. Sie verstanden den sich ergebenden Unterschied sehr gut. Ein gestandener Künstler unterscheidet sich immer von einem Amateur. In ihrer Arbeit sollte insbesondere auch dies demonstriert werden.
Die beiden Künstler haben gerade diese Aufgabe erfolgreich gelöst.
Jevgenij und Jurij verwendeten die klassischen Techniken teilweise als Untermalungen für die digitale Malerei. Das heißt, sie haben das ‚klassische‘ Verhältnis auf den Kopf gestellt. Sie haben eine Reihe von künstlerischen Methoden und Techniken erfunden und verwendet, deren Kombinationen kaum zu beschreiben sind. Es ist wie ein Stern, von dem sich die selbstgenügsamen Strahlen nach allen Seiten erstrecken, und je mehr man sie verschlingt, desto schwerer vorstellbar wird die Zahl der Kombinationen. Freier Umgang mit den traditionellen und modernen, mit den künstlerischen und nichtkünstlerischen Materialien, die digitale Strenge und zugleich eine scheinbar anarchische Zügellosigkeit ermöglichten es den Künstlern, ihre Werke in einer eigenartigen und absolut synthetischen Form zu gestalten.
Jetzt kann man mit aller Gewissheit sagen (ohne das Wesen der Methode aufzudecken), dass sich die digitale Malerei, wie Jevgenij Matveev und Jurij Novikov sie verstanden, durchsetzte.
Davon zeugt das ständige Interesse der künstlerischen Umgebung an den Arbeiten dieser Meister. Erfolgreiche und beeindruckende Ausstellungen haben in der Ukraine, in Deutschland, in Kanada, in Holland, in Russland, in Schweden usw. stattgefunden.
Zum unserem tiefsten Bedauern verstarb Jurij Novikov im Jahr 2010.
Aber das Leben geht weiter und es ist darauf zu hoffen, dass wir die Werke der digitalen Kunst von Jevgenij Matveev und seinen Anhängern noch öfter sehen werden.